Werde was Du bist

Gefunden an einem späten Samstag abend, in einem Bus einer respektablen Münchner Linie, der Linie 54. Ein Buch, ein Beanie, zwei Fäustlinge, neben einem verlassenen Platz im ansonsten nicht eben vollen Bus. Die Situation macht nachdenklich, wirkt befremdlich, wirft Fragen auf.

Welches – ich vermute mal – junge und – ich rate mal – ansprechende – und ich nehme mal an – weibliche Geschöpf hat diese Utensilien nun an dieser Stelle liegen gelassen? Fluchtartig? Nachlässig? Oder voller Erkenntnis? Als Schmetterling zierlich in dei Nacht gefaltert?

Aber so einfach ist das nicht. Nichts kann werden was es ist, nicht einmal das Heideggersche Nichts. Es kann nur so sein, wie es ist. Werde was Du sein willst, oder sein kannst, ok, lassen wir gelten. Aber so?

Oder sind die Sachen, die da liegen, gar nicht zurückgelassen worden, sondern das Ergebnis der Verwandlung? Metamorphose? Eine Samsa-Tag oder besser Samsta- Nacht-Verwandlung, nicht wie bei Kafka in ein Insekt, sondern in ein Buch?! Nicht – ärger noch – wie bei Herrn McEwan, in einen Premierminister? Aber Beanie und Fäustlinge? Etwa eine Familie, oder gar eine Familientragödie? Junge Nachtkäfer, plötzlich und dramatisch verwandelt?

Was wohl daraus geworden sein mag. Dem Busfahrer – auch das eine kleine Geschichte wert, ein junger Mann, kaum ein Münchner, der hat sich sichtlich gefreut, als ich ihm gedankt hab, für’s Tür offenlassen, also dem hab ich es nicht nach vorne getragen. Irgendwie. Sollen alle doch werden, was sie sind. Da muss ich nicht immer rumbessern.

PS: ich bitte die Leser die schlechte Bildqualität zu entschuldigen.

Der Haken an der Sache

Nun hat es doch lange gedauert, manche werden sagen, sehr lange, zu lange: aber hier ist er nun! Der Haken an der Sache.

Er verleiht den Sachen ihren Reiz. Sodass man daran hängen bleibt. Erst am Haken, dann an den Sachen. Er ist mattglänzend, metallisch und von unbestimmter Farbe. Häufig anzutreffen, aber nicht leicht zu erkennen, nicht leicht von der Sache zu trennen. In jedem Baumarkt erhältlich, wenn man weiß, wo.

Gebrauchsanleitung – Uh-Bahn-Halma

Für die U-Bahn, die Uh-Bahnt (vietnamesische Schreibweise)

1 Nicht gucken. Nicht lachen. Ich schau mir Mitfahrende schon an, nicht direkt, nicht glotzen, vielleicht über die spiegelnden Flächen – so mögen sich Tiere fühlen, auf dem Weg, wer weiß wohin. Aber nicht wir, wir wollen das ja so….

2 Vermeide bewegte Bilder. Nur Mist, Unfug Müll der den Kopf verklebt.
Bayern für Scheißhaferln? achso, Gscheidhaferln. Gscheißhaferln triffts schon ganz gut.

3 Rudel rennen, Linie laufen. Ein interessantes Phänomen, dass Menschen auch hier oft danach streben, ein Maximum an Platz und Wahl zu erreichen und damit den Fluss und Ablauf be- oder verhindern. Rudel rennen oder Linie laufen hülfe hier ab. Ameisen können das. Zugvögel. Gehört nicht soviel dazu, Schwarmintelligenz.
Stattdessen: Wo steh ich hier am besten im Weg und dumm rumm? Wieviel Prozent Akku hab ich noch?

Und sonst – schnell reinrennen. Wie im Halma – drin ist drin, die Nachkommenden müssen hüpfen. Also am besten stehen bleiben, den Durchgang verstopfen, verschnaufen, bloss nicht weg von der Tür, da will ich doch später wieder raus. Irgendwann.
Aber: wer? Wer verdammt? Wer verdammt würfelt da? Würfelt da überhaupt noch einer?

Ahja, nach dem Einsteigen. Neben die Tür stellen, Bein entspannt nach vorne. Smartphone abgewinkelt vor sich halten. Bloss nicht beide Türen aufmachen – reine Freundlichkeitsverschwendung. Man könnte sich ja was holen an der Klinke.